Kieferorthopädie

Dr. med. dent. Ingo Plehwe

Fast 60 Prozent aller Kinder und Jugendlichen leiden unter einer Zahnfehlstellung. Die Hälfte der Fehlstellungen sind angeboren, die andere durch Angewohnheiten wie zum Beispiel Daumenlutschen, Dauernuckeln an Trinkflaschen oder Nägelkauen erworben.

 

Lassen sie ihrem Kind Zeit zum Zahn-Wachstum, denn das Knochenwachstum kann wie der Zahndurchbruch früh oder spät erfolgen. Kein Kind wächst wie das andere.

 

Nur selten lassen sich mit vier oder fünf Jahren am Milchzahngebiss erahnen, dass die bleibenden Zähne nicht ausreichend Platz haben werden, also nicht in einem ordentlichen Bogen, sondern aufgrund des Platzmangels verschachtelt stehen. Das passiert auch, wenn Milchzähne frühzeitig entfernt werden müssen; die Nachbarzähne wandern in die Lücken und die bleibenden Zähne haben dann zu wenig Platz. So entseht der ENGSTAND. Ein OFFENER BISS entsteht meist durch Angewohnheiten wie Daumenlutschen. Beim Zubeißen bleiben die Schneidezähne ohne Kontakt und stehen mehr oder weniger offen. Ein ÜBER- oder VORBISS ist meist genetisch bedingt.

 

Beim ÜBERBISS ist der Unterkiefer deutlich kleiner als der Oberkiefer, so dass die unteren Schneidezähne abgedeckt sind. Beim VORBISS ist das Verhältnis genau umgekehrt, so dass die Unterkieferzähne weit vorstehen.

 

Alles nur ein kosmetisches Problem?

Ein leicht verdrehter Zahn ist zumeist nur eine kosmetisches Problem. Stärkere Fehlstellungen verursachen allerdings gesundheitliche Folgen im Erwachsenenalter.

 

Wann sollte die Behandlung beginnen?

Entscheidend für den Behandlungsbeginn ist vor allem die Schwere der Fehlstellung. Die meisten kieferorthopädischen Behandlungen werden mit etwa zehn Jahren begonnen. Noch entscheidender als das Lebensalter ist jedoch der Durchbruchsbefund der bleibenden Zähne. Je später die bleibenden Zähne durchbrechen, desto später wird auch mit der Behandlung begonnen. Ein zu früher Beginn verlängert die Behandlungszeit, da während der Behandlung auf neue Zähne gewartet werden muss. Damit es nicht zu Rückschlägen kommt und das Erreichte erhalten bleibt, muss die Zahnspange auch während der Wartezeit getragen werden. Ein kieferorthopädisch gesteuerter Zahndurchbruch sollte idealerweise nur drei Jahre dauern, da während der Tragezeit kieferorthopädischer Geräte die Zahnpflege zusätzlich erschwert ist und häufig die psychologische Entwicklung des Kindes in dieser Zeit Probleme bereitet. Weiterhin kann es notwendig sein bleibende Zähne zu opfern um einen Engstand auflösen zu können.

 

Ist die Fehlstellung ausgeprägt, wird man auch schon früher mit der Behandlung beginnen. Einen offenen Biss mit mehr als 4 Millimetern durch eine angeborene Kieferfehlstellung, wie auch eine Progenie (Vorbiss) muss schon ab dem 6. Lebensjahr behandelt werden. Den richtigen Zeitpunkt sollte der Kieferorthopäde bestimmen.

 

Seit 2002 hat der Gesetzgeber den Krankenkassen ein Abstufungssystem vorgeschrieben. Dieses System teilt die Fehlstellungen in fünf kieferorthopädische

Indikationsgruppen (KIG) ein. Bei den Stufen 1 und 2, müssen die Eltern die
Kosten selbst übernehmen, da diese leichten Fehlstellungen keine Einschränkung
der Gesundheit darstellen. Die Kassen zahlen erst ab Stufe KIG3. Seitdem
hat die Zahl der Behandlungen deutlich abgenommen.

 

Eltern müssen 20 Prozent der Kosten für eine kieferorthopädische Behandlung vorlegen. Sind mehrere Kinder gleichzeitig in Behandlung, sinkt der Eigenanteil auf 10 Prozent. Die Kasse übernimmt also zunächst nur 80 Prozent.

 

Ist die kieferorthopädische Behandlung abgeschlossen und durch den Zahnarzt bestätigt, bekommen Eltern das Geld auf Antrag zurückerstattet. Wird die Behandlung abgebrochen, kann eine Zurückzahlung durch die Kasse verweigert werden.

 

Zusätzlich zu dem erstatteten Eigenanteil müssen Eltern häufig etwas zur Behandlung dazuzahlen. Damit werden effektivere Korrekturen und Geräte bezahlt, die von den Kassen als nicht zwingend notwendig (und damit unwirtschaftlich) eingestuft werden.

 

Aber auch mit Vollendung des 18.Lebensjahres lassen sich "vergessene" oder neue Zahnfehlstellungen (z. B. Engstand durch Weißheitszähne) korrigieren. In diesen Fällen der Erwachsenenkieferorthopädie werden Sie als Privatpatient behandelt.